Aktienrente? Stimmt, da war doch mal was geplant... Update Oktober 2022
Der Krieg in der Ukraine bestimmt weiterhin maßgeblich die Nachrichten. Die davon ausgehenden Schocks schlagen sich in stark gestiegenen Energiepreisen nieder. Die sogenannten Zweitrundeneffekte machen vor Preissteigerungen bei Lebensmitteln, Baumaterialien, Mietkosten oder Chemieerzeugnissen keinen Halt.
Ein Sondervermögen i.H.v. 100 Mrd. Euro für die Bundeswehr wurde beschlossen. Der Kanzler kündigt einen „Doppelwumms“ an, um Unternehmen und private Haushalte zu entlasten.
All dies sind Herausforderungen (weil mit Mehrausgaben, also Schulden, verbunden), welche die Einführung einer Aktienrente in Deutschland durchaus behindern können.
Der Finanzminister Christian Lindner besuchte im August 2022 Schweden, um sich vor Ort ein Bild von der staatlichen Aktienrente zu machen. Laut Medienberichten war er sowohl von der Performance des AP7 begeistert, als auch – wen wundert es – von den hervorragenden digitalen Möglichkeiten der schwedischen Bürger für „ihren“ Staatsfonds.
Nun ist Herr Lindner in meinen Augen keiner, dem man die Aktienrente schmackhaft machen muss. Vielmehr muss er nun, mit diversen neuen Erkenntnissen im Rucksack, versuchen, diese ins deutsche System zu übertragen. Anders als bei der „echten Aktienrente“ in Schweden soll die Aktienrücklage ab Mitte der 2030er Jahre Erträge abwerfen, welche direkt an die gesetzliche Rentenversicherung in Deutschland fließen. Damit soll die sog. doppelte Haltelinie – Einfrieren des Beitragssatzes und des Rentenniveaus – sichergestellt werden.
Die Aktienrente wird nicht dazu führen, dass du eine höhere Rente erhältst!
Daher gilt weiterhin: Nimm deinen Vermögensaufbau in die eigenen Hände. Verlass dich nicht auf den Staat.
Bau dir deinen „eigenen Staatsfonds“ auf. Wie das geht, sage ich dir: Leseempfehlung: Blick nach Schweden: Der Staatsfonds AP7 und welche 6 ETFs zu benötigst, um ihn nachzubilden!“
Doch nun zurück zur Frage warum wir überhaupt eine Reformierung unseres Rentensystems benötigen und was wir durch den Blick „über den Tellerrand“ von Schweden lernen können.
Die Umkehrung der Alterspyramide
Einer der Gründe für die geplante Einführung der Aktienrente bzw. -rücklage ist schnell gefunden: der demografische Wandel in Deutschland. Gemeint ist damit die Überalterung der Gesellschaft: Wir leben immer länger und immer weniger Kinder werden geboren. Der Anteil der Rentenbezieher steigt kontinuierlich an. Das Rentenproblem erfährt in Kürze einen massiven Schub: Die Babyboomer gehen in Rente!
Die Babyboomer und welche Auswirkungen ihr Renteneintritt hat
Babyboomer, das sind die geburtenstarken Jahrgänge nach dem 2. Weltkrieg, im Allgemeinen meint man insbesondere die Jahrgänge 1960 bis 1964. In der westlichen Welt herrschte Wohlstand (Wirtschaftswunder) und dem klassischen Familienbild entsprachen viele Kinder.
Statistisch gesehen brachte im Jahr 1964 jede deutsche Frau 2,53 Kinder auf die Welt, dieser Wert wurde danach nie wieder erreicht.
Die in den 1950er und 1960er Jahren Geborenen stellen etwa ein Drittel der heutigen Bevölkerung. Die ersten Kinder dieser Generation sind bereits in Rente. Insgesamt sprechen wir von rd. 20 Millionen Babyboomern, die ab 2025 in den Ruhestand eintreten.
Ab 2030 gehen jährlich 500.000 Menschen mehr in Rente, als auf der anderen Seite ins Berufsleben starten.
Reformen sind schon lange nötig!
Das umlagenfinanzierte Rentensystem benötigt schon lange mehr als eine Auffrischung und ist aus einer Vielzahl an Gründen nicht zukunftsfähig. Das größte Problem hierbei ist die demografische Entwicklung. In Deutschland werden seit Jahrzehnten zu wenig Kinder geboren.
Dadurch verschiebt sich das Verhältnis von Beitragszahlern zu Rentenempfängern immer weiter. Aktuell ist das Verhältnis Arbeitnehmer zu Rentner in etwa 3:1, im Jahr 2030 wird es 2:1 sein. Die Belastung für den einzelnen Arbeitnehmers erhöht sich automatisch.
Im Jahr 2021 wurde die gesetzliche Rentenversicherung erstmals mit der Rekordsumme von 106,6 Mrd. Euro mit Mittel aus dem Bundeshaushalt bezuschusst. Die Mittel aus dem Bundeshaushalt decken seit einigen Jahren gut 30 % der Ausgaben der gesetzlichen Rentenversicherung. Bundesmittel, das sind nichts anderes als Steuergelder!
Die Pläne der Ampelregierung zur Aktienrente
Der Start soll in 2023 sein, ausgestattet mit 10 Mrd. Euro. Die Bundesbank wird die Verwaltung übernehmen. Zukünftig sollen 10 Mrd. Euro jährlich aus Bundesmitteln (= Steuergeldern) dazukommen. Die anfänglich angedachte Beteiligung der Arbeitnehmer, so wie in Schweden, scheint vorerst vom Tisch zu sein.
Nochmals: Die Aktienrente soll als weiterer Baustein kapitalgedeckt, zentral und unabhängig verwaltet, die gesetzliche Rentenversicherung ergänzen – sie führt nicht dazu, dass du eine höhere Rente bekommst.
Aktienrente in Schweden
Als Vorbild für die neue Aktienrente in Deutschland wird häufig Schweden genannt. Dort begann man bereits im Jahr 2000, einen Staatsfonds aufzulegen, in den 2,5 % des Bruttoeinkommens aller Arbeitnehmer fließen. Es ist eine verpflichtende Abgabe.
Einzig über die Art der Anlage können die Schweden entscheiden: Entweder, sie wählen aus einem Topf von mehreren hundert möglichen Fonds selbst aus oder das Geld fließt anderenfalls in den Staatsfonds AP7. Diese Variante wählen aktuell ca. 50 % der Arbeitnehmer. In den letzten 19 Jahren erzielte der Fonds eine Nettorendite (nach Kosten und inflationsbereinigt!) von ca. 9 % p.a.
Anders als in Schweden soll es in Deutschland anscheinend keine direkte Beteiligung der Arbeitnehmer geben. Außerdem erwerben die Schweden mit der Einzahlung einen Anspruch auf höhere Auszahlung „ihrer eigenen individuellen“ Rente.
Leseempfehlung: Blick nach Schweden: Der Staatsfonds AP7 und welche 6 ETFs zu benötigst, um ihn nachzubilden!
Der berühmte norwegische Staatsfonds
Wenn man über staatliche Aktienfonds und Erfolgsmodelle einer modernen Rente spricht, dann muss man über Norwegen sprechen.
Bereits 1990 legte das Königreich den Staatsfonds auf, um die umfangreichen Leistungen des Sozialstaates zu finanzieren und sich vor Schwankungen an den Rohstoffmärkten zu schützen. Beispiele für die umfangreichen Leistungen sind die kostenfreien Universitäten, 100 % Krankengeld und eine Mindestrente von 1.600 Euro für jeden.
Norwegen investiert seine Einkünfte aus der Öl- und Gasproduktion an den globalen Finanzmärkten und hält Beteiligungen an rund 9.100 Unternehmen weltweit. Darüber hinaus investiert der Fonds in Anleihen, nicht börsennotierte Immobilien und Infrastruktur für erneuerbare Energien. 2021 erreichte der Fonds damit eine Rendite von 14,5 %.
Ein Kopieren des norwegischen Staatsfonds ist für Deutschland insofern nicht möglich, da wir nicht über Einkünfte aus dem Öl- und Gasgeschäft verfügen.
Was können wir von Schweden und Norwegen lernen?
Der gemeinsame Nenner ist schnell gefunden: Investitionen am Aktienmarkt, breit gestreut über Branchen, Länder und Währungen, kontinuierlich über viele Jahre bespart führen zu einem tragfähigen Rentensystem.
Welche Vor- und Nachteile bzw. Kritik an der geplanten Aktienrente gibt es?
Die Vorteile liegen auf der Hand: die Beteiligung am Aktienmarkt ermöglicht hohe Renditen. Durch die zentralisierte Verwaltung sollten die Kosten sehr niedrig gehalten werden können. Durch eine verpflichtende Teilnahme der Arbeitnehmer kann sich die Einstellung zu Aktien verbessern.
Kritiker beziehen sich vor allem auf die mit Aktieninvestments bezogenen Risiken. Außerdem stehen Befürchtungen im Raum, dass der Staat den Rententopf in Zukunft umwidmen könnte, um den Staatshaushalt zu sanieren. Weitere Kritik wird laut, weil eine aktienbasierte Rente wahrscheinlich erst langfristig ihre Vorteile für das Rentensystem ausspielen kann. Von Gewerkschaftsseite wird angeprangert, dass die Arbeitgeber bei der Finanzierung außen vorgelassen würden. Vermögensverwalter sehen das Problem, dass der Staat kein guter Verwalter sein könnte (Ein Schelm, wer Böses dabei denkt…)

Dein Vorsorgecoach meint:
Ungeachtet aller Argumente lässt sich nicht von der Hand weisen, dass es einer Reform bedarf. Solange die Politik diese jedoch verzögert und unpopuläre Entscheidungen auf die nächste Legislaturperiode verschiebt, bleibt es dabei:
Nimm deinen Vermögensaufbau in die eigenen Hände und starte jetzt in deine finanziell sorgenfreie Zukunft!
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